Radioaktive Isotope entstehen durch den Zerfall eines instabilen Isotops in ein Tochterisotop. Beschreiben lässt sich der Zerfall durch die  Halbwertszeit eines Isotops. Das heißt durch die Zeitspanne, nach welcher die Hälfte der vorhandenen Kerne des Isotops umgewandelt wurden. Je nach Verhältnis des Tochterisotops im Vergleich zum Mutterisotop, lassen sich mithilfe unterschiedlicher Datierungsmethoden Gesteinsalter sowie das Alter bzw. die Verweilzeit von Grundwässern bestimmen.

Für die Charakterisierung von Grundwässern eignen sich besonders jüngere Isotopensysteme mit vergleichsweise geringeren Halbwertszeiten, wie beispielsweise Tritium und Kohlenstoff-14. Im Gegensatz dazu werden für die Altersbestimmung von Tiefenwässern  Isotopensysteme, wie Argon-, Chlor-, Krypton-Isotope sowie die Uran-Thorium-Zerfallsreihen, untersucht.

 

Eine detaillierte Analyse natürlich vorkommender Radionuklide hat das Potential die Nutzbarmachung der Tiefengeothermie in verschiedenen Projektphasen zu unterstützen. Der methodische Ansatz basiert dabei auf der Detektion radioaktiver Ungleichgewichte, welche durch einen vergleichsweisen schnellen Isotopenaustausch zwischen Fluid und Gestein im Reservoir verursacht werden und zu einer Fraktionierung zwischen Tochter- und Mutternukliden führen.

In tiefen geothermischen Systemen kommen natürliche Radionuklide sowohl in der fluiden Phase als auch im angrenzenden Gestein vor. Radioaktive Ungleichgewichte zeigen sich dabei besonders deutlich im Fluid, da dieses sehr leicht auf Austauschprozesse der Radionuklide reagiert. Durch die Modellierung dieser radioaktiven Ungleichgewichte können standort-spezifische Informationen über das langfristige Migrationsverhalten der Radionuklide gewonnen werden und kann damit für die nachhaltige Bewirtschaftung geothermischer Reservoire vorteilhaft sein.

Darüber hinaus kann bereits parallel zu Bohrarbeiten die Untersuchung und Bewertung von Radionuklid-Signaturen der Gesteine einen praktischen Nutzen für die Erschließung geothermischer Reservoire aufweisen.

 

Das Vorhandensein natürlicher Radionuklide im Tiefenwasser kann zur Bildung von radioaktiven Ablagerungen (NORM) im obertägigen Anlagensystem führen und somit negative Konsequenzen für den Anlagenbetrieb nach sich ziehen. Hierbei spielen insbesondere langlebige Radionuklide (z.B. Pb-210, Ra-226, Ra-228) eine wesentliche Rolle. Tiefenwässer mit einem hohen Salzgehalt (> 100 g/L), wie sie zum Teil im Norddeutschen Becken und im Oberrheingraben vorzufinden sind, bergen diesbezüglich ein erhöhtes Risiko.

Mithilfe eines geeigneten Monitoringsystems, welches sowohl regelmäßige Probenahmen als auch eine qualitative und quantitative Bewertung der Akkumulation natürlicher Radioisotope miteinschließt, kann das Ausfällungspotenzial sowie eine mögliche Strahlenexposition frühzeitig erkannt und entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.

 

Kohlenstoff-14 (14C) auch als Radiokohlenstoff bezeichnet, ist das einzige instabile, radioaktive Isotop von Kohlenstoff mit einer Halbwertszeit von etwa 5.730 Jahren. Dies wird atmosphärisch durch die Einwirkung kosmischer Strahlung auf Stickstoff gebildet und nach der Oxidation in verschiedene Kohlenstoffreservoire eingebaut. So gelangt Radiokohlenstoff, kontrolliert durch das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht, während der Neubildung über das Kohlenstoffdioxid des Bodens ins Grundwasser und kann in den im Grundwasser gelösten anorganischen Kohlenstoffverbindungen, wie Karbonat oder Kohlenstoffdioxid, nachgewiesen werden.
Sobald das eingebaute 14C allerdings von der Atmosphäre isoliert ist, beginnt dessen radioaktiver Zerfall. Daher eignet sich die 14C-Datierungsmethode besonders für die Altersbestimmung bzw. Ermittlung von Verweilzeiten von Grund- und Tiefenwässern bis zu Zeiträumen von 30.000 Jahren. Gleichzeitig lässt sich im Rahmen eines hydrochemischen Monitorings durch die Analyse der spezifischen 14C-Aktivität im Wasser auch eine mögliche Kontamination bzw. Beeinflussung des Thermalwassers mit der Bohrspülung oder Fremdwasser bewerten.  

 

Bei Tritium (3H) handelt es sich um das einzige instabile radioaktive Isotop von Wasserstoff. Unter Abgabe eines Elektrons, zerfällt Tritium mit einer vergleichsweise geringen Halbwertszeit von etwa 12,43 Jahren. In der Natur wird Tritium durch die Einwirkung kosmischer Strahlung auf Stickstoffatome in der Atmosphäre gebildet. Der gegenwärtig größte Anteil des vorhandenen Tritiums ist allerdings anthropogen durch Kernwaffenversuche zwischen 1952 und 1963 entstanden und in den hydrologischen Kreislauf eingebracht worden. Nachdem 1963 ein Verbot für atmosphärische Atomwaffentests unterzeichnet wurde, ist gleichzeitig ein stetiger Rückgang der Tritiumkonzentration zu beobachten. So ist Tritium mit nahezu 2.000 TU (Tritium Unit) im Jahr 1963/64 auf etwa 10 TU zum heutigen Zeitpunkt zurückgegangen.

Sofern im analysierten Wasser kein Tritium nachgewiesen werden kann, bedeutet dies folglich, dass es ein „vormodernes“ Alter aufweist. Somit eignet sich die Tritium-Datierungsmethode speziell für die Bestimmung der Verweilzeit oder Durchlaufzeit von Grundwässern im Untergrund bis zu mehreren Jahrzehnten.