Geothermie beschreibt die in der Erde gespeicherte Wärmeenergie. Während rund 30 % der Wärme aus dem heißen Erdmantel und Erdkern stammt, werden 70 % der Wärme in der Erdkruste durch den radioaktiven Zerfall natürlicher Radioisotope gebildet.
Liegen geeignete geologische Strukturen vor, kann die Erdwärme für die Erzeugung von Fernwärme oder Strom genutzt werden.
Als Oberflächennahe Geothermie gilt die Nutzung der Erdwärme bis maximal 400 Meter Tiefe und Temperaturen von bis zu 25°C für das Beheizen und Kühlen von Gebäuden, technischen Anlagen, Gewächshäusern oder anderen Infrastruktureinrichtungen. Hierzu wird die Wärme- oder Kühlenergie aus den oberen Erd- und Gesteinsschichten oder aus dem Grundwasser gewonnen.
Die Erdwärme kann hierbei entweder mithilfe von Erdwärmesonden und horizontalen Kollektoren, sowie durch den Einsatz von Grundwasserbrunnen gewonnen werden.
Die Tiefe Geothermie bezeichnet die Nutzung der Erdwärme in größeren Tiefen von bis zu mehreren Kilometern. Günstige geologische Strukturen ermöglichen die Nutzung dieser thermischen Energie. Notwendig dafür sind wasserführende Schichten im Untergrund, in welchen heißes Tiefenwasser fließt. Um die Erdwärme zu erschließen, werden zwei oder mehr Bohrungen bis in den Zielhorizont niedergebracht.
Bei der hydrothermalen Geothermie handelt es sich um die konventionelle Art der Tiefen Geothermie. Das Prinzip ist hierbei immer gleich: durch eine oder mehrere Bohrungen wird das Wasser aus der Tiefe an die Erdoberfläche gefördert. Dort gibt es seine Wärme über einen Wärmetauscher an die Wärme- bzw. Kälteversorgung und/oder das Geothermiekraftwerk zur Stromproduktion ab. Mittels Injektionsbohrung wird das abgekühlte Tiefenwasser wieder in dem Untergrund geleitet. In Deutschland werden aktuell 38 geothermische Anlagen nach diesem Verfahren betrieben.
Bei der petrothermalen Geothermie kann im Gegensatz zur hydrothermalen Geothermie nicht auf natürlich vorhandene Thermalwasservorkommen zurückgegriffen werden. Dennoch lässt sich die Wärme des heißen Tiefengesteins nutzen. Zunächst wird in künstlich erzeugten/vergrößerten Rissen und Klüften unter hohem Druck Wasser eingepresst, welches sich im heißen Umgebungsgestein erhitzt. Über eine oder mehrere Förderbohrungen wird anschließend das aufgeheizte Wasser wieder an die Erdoberfläche gefördert. Dort kann es wie bei der hydrothermalen Geothermie für die Wärme- und Stromversorgung genutzt werden.
Generell lassen sich drei geothermische Provinzen in Deutschland unterscheiden, welche anhand ihrer geologischen und thermischen Bedingungen eine geothermische Nutzung zur Wärme- und Stromversorgung ermöglichen. Dabei handelt es sich um das süddeutsche Molassebecken, den Oberrheingraben und das Norddeutsche Becken.
Süddeutsches Molassebecken:
Bei dem süddeutschen Molassebecken handelt es sich um ein etwa 800 km langes und 130 km breites sedimentäres Vorlandbecken, welches dem nördlichen Alpenrand vorgelagert ist. Kenntnisse über den geologischen Aufbau, die verschiedenen hydrochemischen Einheiten sowie den Malm als Tiefenwasser-Aquifer gehen zum Großteil auf frühere Bohrtätigkeiten gegen Ende des 19. Jahrhunderts, Explorationstätigkeiten der Kohlenwasserstoffindustrie nach 1945 und einer Vielzahl an weiteren Erkundungs- und Forschungsarbeiten der letzten Jahrzehnte zurück. Im Großraum München wir der sogenannte Malm-Aquifer heute intensiv für die geothermische Fernwärmeversorgung sowie zum Teil zur Stromproduktion genutzt. Dabei handelt es sich um eine Karbonatformation, welche während des Oberjuras als Schwamm-, Riff- und Massenkalke abgelagert wurde. Je nach Tiefenlage des Aquifers sind unterschiedlich hohe Temperaturen anzutreffen. So treten nördlich von München bei einer Tiefe von ca. 1.800 Meter Temperaturen bis 70°C und im Süden in Richtung Alpenrand bei Tiefen von bis zu 5 Kilometern Temperaturen bis über 140°C auf. Überlagert werden die Malm-Karbonate von sedimentären Deckschichten, den „Molasse-Ablagerungen“. Die Bildung des Molassebeckens steht dabei im unmittelbaren Zusammenhang mit der Entstehung der Alpen.
Entsprechend diverser vorangehender Studien und Forschungsarbeiten, lassen sich im süddeutschen Molassebecken mehrere Tiefenwasserzusammensetzungen unterscheiden. Für die geothermische Nutzung spielen besonders die Tiefenwässer im zentralen Beckenbereich eine Rolle, welche infolge ihres Lösungsinhaltes als Na-Ca-HCO3-Cl Wässer klassifiziert werden mit einer geringen Mineralisation (bis 800 mg/L). Trotz des karbonatischen Umgebungsgesteins, weisen die Wässer eine dominante Natrium-Signatur auf, was einerseits für einen Kationenaustausch als auch auf nur geringe Wechselwirkungen des Tiefenwassers mit dem Umgebungsgestein hinweist. Darüber hinaus weisen die Tiefengrundwässer im süddeutschen Molassebecken einen geringen Gehalt an Spurenstoffen und radioaktiven Elementen und somit eine hochwertige Wasserqualität auf. Allerdings sind im Tiefenwasser oftmals hohe Schwefelwasserstoffgehalte vorhanden, welche zu Korrosion und damit zur Schädigung im Anlagenbetrieb führen können. Besonders in den geothermischen Anlagen südlich von München mit höheren Temperaturen und größeren Bohrtiefen treten zum Teil Calcit-Ausfällungen im obertägigen Anlagensystem auf. Hier sind entsprechend Inhibitoren einzusetzen.
Oberrheingraben:
Der Oberrheingraben bezeichnet eine ca. 300 Kilometer lange und 35 bis 40 Kilometer breite Extensionsstruktur in Südwest-Deutschland und Ost-Frankreich zwischen Basel und Frankfurt am Main. Innerhalb Deutschlands werden hier die höchsten geothermischen Temperaturen angetroffen (80 bis 160 °C). Als geothermisch nutzbar gelten der Obere Muschelkalk und der Buntsandstein, sowie das Rotliegend und im Bereich der tektonisch intensiv beanspruchten Grabenrandverwerfung ebenfalls das kristalline Grundgebirge.
Anders als im süddeutschen Molassebecken, sind die Tiefenwässer des Oberrheingrabens grundsätzlich hoch mineralisiert (bis hin zu 200 g/L) und als Na-Ca-Cl-Wässer klassifiziert. Charakteristisch sind auch die hohen Gehalte an Alkali- und Erdalkalimetallen sowie einer Anreicherung an Schwermetallen (Blei, Arsen, Cadmium). Je nach Standort werden die geothermischen Reservoire in Tiefen zwischen 2.500 und 5.000 Metern erschlossen. Infolge der hohen Salz-,Chlorid- und Gasgehalte sind die schwach sauren Tiefengrundwässer mit einem gewissen Korrosions-Potenzial verbunden.
Norddeutsches Becken:
Das Norddeutsche Becken weist infolge seiner großen lateralen Ausdehnung und seinen bis zu 7.000 Meter mächtigen Sedimentablagerungen, ein bedeutendes geothermisches Potenzial auf. Mögliche geothermisch nutzbare Tiefenwasser-Aquifere stellen, anhand ihrer jeweiligen Porosität und Permeabilität, die Sandsteine der Unterkreide, des Doggers, des Lias, des Keupers, des Mittleren Buntsandsteins sowie des Rotliegend dar. Entsprechend vorangehender Forschungsarbeiten, wurden die Tiefengrundwässer des Norddeutschen Beckens gemeinsam mit dem Umgebungsgestein versenkt und konnten somit in größere Tiefen bei höheren Temperatur- und Druckbedingungen gelangen. Daraufhin stattfinde Wasser-Gesteins-Wechselwirkungen prägten die Zusammensetzung der Gesteine und Wässer. Gleichzeitig erfolgte auch eine Zufuhr stark salinarer Grundwässer aus evaporitischen Ablagerungen und Strukturen, wie beispielsweise der Zechstein-Salzstöcke und das Röt-Salinar.
Somit weisen die Formationswässer des Norddeutschen Beckens charakteristisch eine hohe Salinität sowie einen schwach sauren pH-Wert und reduzierenden Charakter auf. Dabei nimmt der Gesamtsalzgehalt tendenziell mit zunehmender Tiefenlage zu. Je nach Aquifer sind die Wässer dem Na-Cl-Typ (mesozoische Sandsteine), dem Na-Cl- oder Na-Ca-Cl-Typ (Rotliegend) oder dem Na-Ca-Mg-Cl-Typ (Zechstein) zuzuordnen. Die entsprechende Zusammensetzung ist hierbei auf den Einfluss von Wasser-Gesteins-Wechselwirkungen mit Evaporiten, Feldspäten und Tonmineralen zurückzuführen. Nennenswerte Gehalte an Barium, Strontium, Schwefel und Eisen gehören ebenfalls zu den Charakteristiken der Formationswässer im Norddeutschen Becken. Die Abkühlung oder ein veränderter RedOx-Zustand der Tiefenwässer während der Förderung, können zu Ausfällungen von Barium-Strontiumsulfaten, Silikaten und Eisenhydroxid in Anlagenteilen führen. Somit ist meist der Einsatz von Inhibitoren sowie ein bestimmtes Druckniveau in dem obertägigen Anlagenbetrieb erforderlich. Die Gasführung der Tiefenwässer variiert je nach Lokalität, generell besteht die Gasphase jedoch zum Großteil aus Kohlenstoffdioxid, Methan und Stickstoff.